Auf den ersten Blick scheint es kaum Gemeinsamkeiten zwischen einem Serverraum und einem Gewächshaus zu geben. Der eine Ort ist das Herz der digitalen Welt, in dem Daten verarbeitet und gespeichert werden. Der andere dient dem Anbau von Pflanzen, benötigt Licht, Wasser und vor allem Wärme.
Doch das innovative Projekt des Familienbetriebs Grob Gemüseanbau in Schlattingen zeigt, wie eng diese beiden Bereiche miteinander verknüpft sein können. Dort nutzt man die Abwärme eines Datencenters, um die Gewächshäuser zu beheizen. Diese Symbiose illustriert die Chancen moderner Kreislaufwirtschaft und zeigt auf, wie Digitalisierung und nachhaltige Landwirtschaft Hand in Hand gehen können.
Die Herausforderung der Gewächshausbeheizung
Der Betrieb von Gewächshäusern stellt viele Gemüsebauern vor eine grosse Herausforderung: Besonders in der Schweiz erfordert das milde, aber nicht immer wärmestabile Klima während kälterer Perioden eine konstante Beheizung der Gewächshäuser. Diese Wärme wird oft durch fossile Brennstoffe wie Öl oder Gas bereitgestellt – eine Praxis, die aufgrund steigender Energiekosten und wachsender Umweltauflagen zunehmend in die Kritik gerät. Ab 2026 müssen Schweizer Gemüseproduzenten auf fossile Energieträger verzichten, was den Druck auf alternative Heizmethoden erhöht.
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Serverwärme als Energieressource
Parallel dazu steht die IT-Branche vor einem anderen Problem: Rechenzentren und Serverräume erzeugen enorme Mengen an Wärme. Diese Abwärme muss in der Regel aufwendig durch Kühlsysteme abgeleitet werden, wodurch nicht nur wertvolle Energie verschwendet, sondern auch zusätzlicher Strom für die Kühlung verbraucht wird.
Die k51 AG, ein Thurgauer Start-up, hat diesen Widerspruch erkannt und verbindet Rechenleistung mit nachhaltiger Wärmenutzung. Auf dem Betrieb von Grob Gemüseanbau wurde ein Mini-Datencenter installiert, dessen Server genau dann arbeiten, wenn in den Gewächshäusern Wärme benötigt wird. Die dabei entstehende Wärme wird in grossen Wassertanks gespeichert und steht bedarfsgerecht zur Verfügung.
Wärme als Hauptprodukt
Interessanterweise betrachten die Initiatoren dieses Projekts die Rechenleistung nicht mehr als das Hauptprodukt des Datencenters, sondern vielmehr die Wärme, die dabei anfällt. Die Datenverarbeitung wird zum Nebenprodukt, das flexibel gesteuert wird, sodass die Server dann laufen, wenn die Solaranlage des Betriebs Strom produziert oder Heizbedarf besteht. Diese Sichtweise verdeutlicht den Paradigmenwechsel, der in der Energienutzung von Rechenzentren stattfinden könnte: weg vom reinen Betrieb zur Datenverarbeitung hin zur intelligenten Einbindung in die Energieversorgung.
Win-Win-Situation für Landwirtschaft und IT
Das Projekt in Schlattingen zeigt beispielhaft, wie unterschiedliche Branchen voneinander profitieren können. Der Gemüsebetrieb Grob erhält erneuerbare Wärme, die unabhängig von fossilen Energieträgern ist. Gleichzeitig reduzieren sich die Betriebskosten des Datencenters, da die Abwärme nicht ungenutzt bleibt. Auch für die Umwelt ist diese Kooperation ein Gewinn: Die CO2-Emissionen sinken, und wertvolle Ressourcen werden effizienter genutzt.
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Ein Modell mit Zukunft?
Das Beispiel Grob Gemüseanbau könnte Schule machen. Immer mehr Branchen suchen nach Wegen, ihre Energieversorgung klimafreundlicher zu gestalten. Die Nutzung von Serverwärme bietet gerade in der Landwirtschaft, aber auch im Hotelwesen oder in der Industrie, enorme Potenziale.
Besonders in Zeiten steigender Strompreise und der Notwendigkeit zur Dekarbonisierung wird die Idee der Abwärmenutzung zunehmend an Bedeutung gewinnen. Unternehmen wie die k51 AG könnten mit ihrem Green-Heating-Netzwerk eine Schlüsselrolle in der Energiewende einnehmen.
Fazit
Was auf den ersten Blick gegensätzlich wirkt, entpuppt sich als perfekte Partnerschaft: Der heisse Serverraum wird zum Wärmespender für das Gewächshaus. Das Pilotprojekt in Schlattingen zeigt, dass nachhaltige Landwirtschaft und digitale Infrastruktur sich ideal ergänzen können. Die intelligente Nutzung von Abwärme ist ein Schlüssel zu mehr Energieeffizienz und ein Vorbild für eine nachhaltige Zukunft.
Beitragsbilder von Abigail Lynn, Ave Calvar und Getty Images via Unsplash+
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