Barrierefreiheit in WordPress – Aktueller Stand und praktische Umsetzung

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Barrierefreiheit in WordPress ist ein zentrales Anliegen des Open-Source-Projekts. Das Ziel besteht darin, allen Menschen – unabhängig von körperlichen oder technischen Einschränkungen – den Zugang zu WordPress und den damit erstellten Websites zu ermöglichen. In diesem Essay werfen wir einen Blick auf die aktuellen Richtlinien, Standards und Best Practices, die das Content-Management-System (CMS) auszeichnen. Ausserdem beleuchten wir, welche Schritte die Community unternimmt, um Barrierefreiheit in WordPress kontinuierlich zu verbessern.

Warum ist Barrierefreiheit wichtig?

Barrierefreiheit (Accessibility) stellt sicher, dass Menschen mit Behinderungen – wie z.B. Seh- oder Hörbeeinträchtigungen, motorischen Einschränkungen oder kognitiven Beeinträchtigungen – das Internet in vollem Umfang nutzen können. Dazu gehören etwa Screenreader-Nutzerinnen und -Nutzer, Personen, die auf Tastatursteuerung angewiesen sind, oder User in Umgebungen mit starker Blendung oder schlechtem Kontrast. Da WordPress weltweit einen hohen Marktanteil hat, ist es entscheidend, dass das System barrierefrei nutzbar und erweiterbar ist.

Richtlinien und Standards (WCAG & ATAG)

Die Barrierefreiheit in WordPress orientiert sich primär an den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) in der Version 2.2 auf Level AA. Diese Richtlinien definieren die Mindestanforderungen, damit Webseiten für möglichst viele Nutzende zugänglich sind. Dabei stehen vier Prinzipien im Fokus:

  1. Wahrnehmbarkeit (Perceivable)
    Inhalte müssen für alle Sinne zugänglich sein (z.B. Textalternativen für Bilder).
  2. Bedienbarkeit (Operable)
    Funktionen sollen per Tastatur bedienbar sein; es darf keine Hindernisse wie unendliche Zeitlimits geben.
  3. Verständlichkeit (Understandable)
    Sprache, Abläufe und Interaktionsformen müssen klar strukturiert sein.
  4. Robustheit (Robust)
    Der Quellcode sollte so gestaltet sein, dass Assistive Technologien ihn interpretieren können.

Darüber hinaus strebt WordPress auch eine Umsetzung der Authoring Tool Accessibility Guidelines (ATAG) an. Diese gehen über die WCAG hinaus und legen fest, wie Autorentools – also Software zum Erstellen von Webinhalten – sowohl selbst barrierefrei funktionieren als auch barrierefreie Inhalte fördern können.

Barrierefreie Themes

WordPress kann nicht garantieren, dass jedes verfügbare Theme WCAG-konform ist. Allerdings listet das offizielle Theme-Verzeichnis mittlerweile über 100 Themes mit dem Tag «accessibility-ready». Diese Themes wurden durch das Theme-Review-Team überprüft und erfüllen grundlegende Anforderungen an Barrierefreiheit. Dabei wird etwa auf ausreichende Farbkontraste, korrekte Überschriftenstruktur und Tastaturnavigation geachtet.

Greyd WordPress Theme Barrierefrei
Screenshot: Barrierefreies WordPress Theme Greyd – Made in Germany

Wichtige Aspekte der Barrierefreiheit in WordPress-Themes

Tastaturnavigation (Keyboard Navigation)

Menschen, die eine Tastatur oder alternative Eingabegeräte benutzen (z.B. Mundstab, Spracherkennung), müssen alle interaktiven Elemente erreichen können. Dropdown-Menüs dürfen nicht nur via :hover erscheinen, sondern müssen zusätzlich auf :focus reagieren. Zudem ist ein klar sichtbarer Fokuszustand (Focus Indicator) unerlässlich.

Brailleschrift Fahrstuhl

Formular- und Steuerelemente

Formulare (z.B. Suchfelder, Kommentarfelder) sollten beschriftet sein, damit Screenreader sie richtig auslesen können. Wichtig ist hier die Verwendung von semantisch korrekten Elementen wie <label> oder <button> statt rein visueller Tricks mit <span> oder <div>.

Überschriftenstruktur (Headings)

Überschriften sollten nicht allein zum Gestalten verwendet werden, sondern dienen der inhaltlichen Gliederung. Optimalerweise gibt es nur ein <h1>-Element pro Seite; mehrfache <h1> sind zwar möglich, aber nicht empfohlen. Die korrekte Reihenfolge (H2, H3 usw.) erleichtert das Navigieren für Screenreader-Nutzende.

ARIA-Landmark-Rollen

Die Auszeichnung von Hauptbereichen einer Seite (z.B. role="main", role="navigation", role="banner") ermöglicht Screenreader-Nutzenden eine schnellere Orientierung. Zudem sollten mehrere Navigationselemente eindeutig benannt werden (z.B. aria-label="Hauptmenü", aria-label="Social Links").

Farbkontrast

Ein Kontrastverhältnis von mindestens 4.5:1 zwischen Text und Hintergrund ist laut WCAG 2.2 Level AA erforderlich. Werden Links nicht unterstrichen, sollte der Farbunterschied ausreichend stark sein, um sie von normalem Text zu unterscheiden.

Mitmachen und die Accessibility-Community

Die Barrierefreiheit in WordPress wird aktiv von einem Team aus Freiwilligen vorangetrieben: dem Make WordPress Accessibility Team. Hier kann jede Person unabhängig von technischen Vorkenntnissen mitwirken. Es gibt verschiedene Arbeitsgruppen, u.a. für:

  • Design: Zusammenarbeit mit dem WordPress-Design-Team, um Barrierefreiheit in Designprozesse zu integrieren.
  • Allgemeine Entwicklung: Identifikation und Behebung von Barrierefreiheits-Tickets in WordPress Core.
  • Dokumentation: Erstellung und Pflege von Anleitungen und Best Practices für Entwickler, Designer und Endnutzer.
  • Gutenberg: Barrierefreiheit im Block-Editor (Gutenberg) sicherstellen, z.B. durch Accessibility-Tests.
  • Themes: Überprüfung neuer und bestehender Themes auf «accessibility-ready»-Kriterien.

Der einfachste Weg zum Mitmachen führt über den WordPress-Slack-Kanal #accessibility. Dort werden regelmässige Meetings und sogenannte «Bug Scrubs» abgehalten. Auch Testende, die Assistive Technologien nutzen und konkretes Feedback geben können, sind besonders gefragt.


Fazit

Barrierefreiheit in WordPress ist ein fortlaufender Prozess, der von der Community getragen wird. Durch die Einhaltung der WCAG 2.2-Richtlinien und das Ziel der ATAG-Konformität setzt WordPress stetig neue Standards, um das Publishing-System und alle damit erstellten Webseiten für möglichst viele Nutzergruppen zu öffnen. Mehr als 100 barrierefreie Themes, ein starkes Accessibility-Team sowie regelmässige Verbesserungen im Core belegen das Engagement der WordPress-Community. Dennoch ist Barrierefreiheit kein einmaliges Projekt, sondern braucht kontinuierliche Weiterentwicklung. Wer sich selbst beteiligen möchte, findet vielfältige Möglichkeiten, um WordPress langfristig noch inklusiver zu gestalten.

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